Rezension

Solar System: Lost von Sylvia Kaml

★★★★★ 5/5

Rezension von Steven Lee Anderson · 12.09.2025

Ein Space-Abenteuer quer durch das Sonnensystem

Die Handlung

Ray wird auf der Marskolonie Adventiva von seinem Vater in den Militärdienst gezwungen, doch er flieht und schlägt sich zu den Raumstationen des Sonnensystems durch. Dort trifft er auf Andor, einen Terraner, der ein verschollenes außerirdisches Schiff namens Juno sucht. Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Außenseitern – darunter Li, Rays enge Vertraute aus Militärzeiten – brechen sie auf, das Geheimnis des Schiffs zu lüften. Doch Admiral Steele, Rays früherer Vorgesetzter, ist ebenfalls hinter der Juno her und zwingt Ray schließlich, seine Gefährten zu verraten. Um das Leben der anderen zu schützen, steht Ray vor einer Entscheidung, die die Freundschaft und die aufkeimende Liebe aufs Spiel setzt.

Die Figuren

Gerade diese Figurenkonstellation ist es, die den Roman trägt. Die Charaktere sind bewusst divers gezeichnet: unterschiedlich in Herkunft, Motivation und Temperament. Es ist spannend zu verfolgen, wie sie ihre eigenen Motive verfolgen, während sie gemeinsam das Schiff suchen. Jeder hat nicht nur eine eigene Motivation sich der Gruppe anzuschließen, jeder hat auch sein eigenes Geheimnis, das er nicht bereit ist, mit der Gruppe zu teilen. Entsprechend dauert es, bis sich die Figuren langsam einander annähern und Vertrauen aufbauen. Aber erst, als sie ihre eigenen Schwächen überwinden und ihre Geheimnisse mitteilen, werden sie zu verlässlichen Freunden. Im Mittelpunkt all dieser Spannungen steht die Freundschaft zwischen Ray und Li, die sich während ihrer gemeinsamen Zeit im Militär entwickelt hat und nun auf eine harte Probe gestellt wird. Die Autorin verknüpft hier geschickt persönliche Dramen mit dem großen Abenteuer.

Die Wissenschaft dahinter

Die wissenschaftliche Genauigkeit verleiht der Geschichte zusätzliche Glaubwürdigkeit. Beschreibungen von Raumstationen, den verschiedenen Kulturen und den Herausforderungen interplanetarer Reisen zeigen, dass die Autorin sich mit den realen Grundlagen der Raumfahrt auseinandergesetzt hat. Das macht den Roman zu einem Werk, das Hard Science-Fiction und Abenteuerliteratur auf gelungene Weise verbindet. Nur manchmal nimmt das der Geschichte etwas Tempo, wenn für den Flug von der Erde zum Jupiter sieben Wochen eingeplant sind und in diesen „recht eintönigen Tagen“ auch tatsächlich nicht viel passiert. Das bremst das schnelle Space-Abenteuer aus und lässt die Geschichte kurz pausieren, was schade ist.

Konflikte und Dialoge

Die Konflikte sind sowohl äußerlich als auch innerlich angelegt: Rays Vergangenheit im Militär, die Jagd durch Admiral Steele und die Loyalität zu seinen neuen Gefährten. Besonders eindrucksvoll sind die Dialoge innerhalb der Gruppe, die zunächst von Misstrauen erfüllt sich und im Laufe der Geschichte damit sowohl für Spannungen sorgen. Hier gewinnt die Geschichte an Tiefe, da sie nicht nur von äußeren Gefahren, sondern auch vom Ringen um Vertrauen und Zusammenhalt lebt.

Der Stil

Mit Solar System: Lost präsentiert Sylvia Kaml ein spannendes Abenteuer, das die Weiten des Sonnensystems mit den Schicksalen einer Gruppe von Außenseitern verbindet. Der Roman zeigt eindrucksvoll, dass Science-Fiction weit mehr sein kann als Action und Technik – im Zentrum stehen Menschen mit ihren Hoffnungen, Ängsten und Konflikten. Kaml schreibt flüssig, detailreich und mit einem Gespür für Atmosphäre. Das macht den Roman trotz gelegentlicher Tempoeinbußen zu einer kurzweiligen und fesselnden Lektüre.

Plus eins – minus eins

Ein persönliches Highlight ist die Namensgebung: Das verschollene Schiff heißt Juno – eine schöne Parallele zu meiner eigenen Juno-Trilogie, in der ein ganzer Planet diesen Namen trägt. Dieses kleine Detail hat mein Leseerlebnis noch einmal bereichert und gibt der Geschichte für mich einen besonderen Reiz. Dafür gibt es einen augenzwinkernden extra Stern.

Kritisch anmerken möchte ich lediglich das Cover. Ja, ich weiß, never judge a book by its cover, aber ehrlich gesagt, bin ich lange um den Roman gekreist und habe mich vom Cover abschrecken lassen. Leider wird das Cover dem Inhalt des Buches nicht ansatzweise gerecht. Deshalb gibt es für das Cover einen augenzwinkernden Stern Abzug.

Fazit

Solar System: Lost ist ein mitreißendes Space-Abenteuer, das durch seine Figuren überzeugt und gleichzeitig das Versprechen von „Hard Science-Fiction“ einlöst. Es ist keine Indiana-Jones-Hatz, bei der der Gegner stets einen Schritt voraus ist, sondern eine Reise, die von der Dynamik innerhalb der Crew lebt. Ein Roman, der zeigt, wie abwechslungsreich moderne Science-Fiction sein kann.

Daten zum Buch

Erscheinungsdatum28.09.2023
Umfangca. 412 Seiten
ISBN978-3-98778-502-3
Verlagdp Verlag
Cover: Solar System: Lost
Cover: Solar System: Lost